Opherdicke. Seit 16 Jahren hat Jörg Hegemann einen festen Platz in der Weltmusik-Reihe des Kreises und begrüßt alljährlich einen Gast.
Am Donnerstag war es der Schweizer Jazz- und Boogie-Pianist Chris Conz, dem er den Vortritt an den Tasten ließ. Dessen „Grüezi!“ wurde vom Publikum prompt erwidert. Für den Mann aus Uster am Greifensee im Kanton Zürich war es bereits der zweite Auftritt in dieser Reihe.
Langsam, mit viel Pedal, im Stile von Salonmusik startete er in sein Set. Der „St. Louis Blues“ von W. C. Handy, ein Jazz-Standard und Evergreen, wandelte sich unter seinen Fingern zum Boogie-Stil. Zitate wie „Jingle Bells“ und sein Tremolo zum Schluss riefen gleich großen Jubel hervor. Musik der 30er Jahre, etwa „On the sunny side of the street“ von Jimmy McHugh, überraschte mit dramatischen Einlagen. Immer wieder brachten kleine Rhythmus-Verschiebungen das Publikum zum Mitklatschen. Eine spezielle Untermalung pflegte der 39-Jährige durch seine „Absatz-Percussion“, die um den Boden des Podiums bangen ließ. „The Boogie Rocks“ mit quirligen Motiven und Wiederholungen sorgte für enthusiastischen Jubel. Albert Ammons gehörte zu den afroamerikanischen Pianisten, die den Boogie-Woogie groß machten. Pete Johnson, Schlagzeuger und spät berufener Pianist, war Urheber des Blues „Just for you“, den Conz mit jazzigen Verzierungen leicht und locker spielte. „Honky Tonk Train Blues“ von Mead Lux Lewis, ein Boogie, inspiriert von Opernkoloraturen. „Viper’s Drag“ von Fats Waller überraschte in dreiteiliger Theatralik, zunächst in schlenderndem Moll, dann flinken und flottem Dur, trüb sinnigem Chaos schließlich. „In the backroom“ von Ray Briant peitschte das Publikum auf; James Bookers Version von „Tico-Tico“, ganz auf den New Orleans-Stil getrimmt, sorgte für Begeisterungsstürme. Als „Good bye Boogie“ verkaufte der Mann an den Tasten „Sentimental Journey“, ließ seine Finger über die Tasten hüpfen, immer neue Ideen umeinander wirbeln, forderte den Jubel heraus mit Klopfern und Wischern zum grandiosen Finale. Einen Blues mit Glöckchen-Sound schenkte er als Zugabe.
Jörg Hegemann, der Pianist aus Rüdinghausen, einem Ortsteil Wittens gleich an der Dortmunder Stadtgrenze, stellte sein Set aus Werken und Bearbeitungen von Albert Ammons und etlichen Eigenkompositionen zusammen, schüttelte sich die Anschläge locker aus dem Handgelenk. Mit seinem Youtube-Kanal machte er sich jüngst zum „Boogie-Woogie Influencer“. Seine Freundschaft zum Kater der Nachbarn fand in „Struttin’ Cat“ leichtpfotig federnd ihren Niederschlag. Auch bei ihm fanden sich Zitate älterer Musik wieder, etwa in Ammons Boogie-Bearbeitung von J. A. Butterfields „When you and I were young, Maggie“ der „Swanee River“.
Wie immer bei Hegemann gab es wieder eine dritte Hälfte: Conz und er setzten sich gemeinsam an den Flügel, starteten mit einem Slow Boogie. Wie eine Piccolo-Flöte ließ Conz eine Oberstimme über Hegemanns laufende Bassrhythmik erklingen. Schließlich kreisten in fliegendem Wechsel beide jeweils allein an den Tasten, wurden beklatscht und bejubelt. Standing Ovations und Zugabe-Rufe dankten die Zwei mit einem Blues von Hegemann mit Glockenspiel von Conz in den höchsten Oktaven.
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